Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte

QFRG 62 - Evangelische Geistlichkeit in der Frühneuzeit

L. Schorn-Schütte, Gütersloh 1996, € 89,-

Die Geschichte des evangelischen Pfarrhauses ist in der protestantischen Literatur der vergangenen rund 450 Jahre ein häufig untersuchter Gegenstand gewesen. Eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Untersuchung der sozialen und mentalen Prozesse, die die Entfaltung der neuen bürgerlichen Sozialgruppe Geistlichkeit nach der Reformation insbesondere im regionalen Vergleich beleuchtet hätte, fehlte aber nach wie vor. Die Studie zur Evangelischen Geistlichkeit konzentrierte sich deshalb auf die sozialgeschichtlichen Vergleichslinien zwischen einem lutherischen, einem reformierten Territorium und einer sehr selbständigen Stadt im Alten Reich einerseits, auf die Prozesse der Ausbildung eines "geistlichen Sonderbewußtseins" andererseits. Letzteres konnte als wichtiges Element der politischen und institutionellen Kultur des Alten Reichs in dem Sinne beschrieben werden, daß das geistliche Amt zu einem stark differenzierten "Beruf", einer Profession mit genau umrissenen Bildungsschritten geworden ist. Sowohl unter sozial- als auch unter bildungs- und instiutionengeschichtlichen Aspekten kann die evangelische Geistlichkeit als wesentlicher Bestandteil des werdenden Bürgertums des Alten Reichs charakterisiert werden. Daß sie dabei keineswegs in einer politisch untertänigen Rolle verharrte, ist als ein weiteres Ergebnis der Arbeit ausdrücklich festzuhalten.